Lexikon
Surrealismus der Breton-Gruppe

Der Surrealismus in Paris firmiert oft unter dem Signet des Breton-Surrealismus. Tatsächlich war der Gründungsvater des Surrealismus, der Schriftsteller und Kritiker André Breton (1896-1966), die beherrschende und bestimmende Figur dieser Strömung.
1924 fixierte sein erstes "Manifest des Surrealismus" die neue Bewegung. Betont wurde dabei der "Automatismus", der das Unbewusste zum Ausdruck bringen sollte. Ein halbes Jahrzehnt darauf verfasste André Breton das zweite Manifest des Surrealismus, das mystische Rätselhaftigkeit forderte.
Die Literatur stand klar am Beginn des Pariser Surrealismus der Breton-Gruppe, erst nach und nach kam die Malerei hinzu, die im ersten Manifest von 1924 nur am Rande behandelt wurde. 1928 sah André Breton die Vollendung der surrealistischen Malerei in Max Ernsts Collagen und Frottagen und ihrem Prinzip der "Kombinatorik" verwirklicht. Zahlreiche weitere wegweisende Verfahren - Dripping, Décalcomanie, Grattage, Fumage und einiges mehr - wurden im Umfeld des Pariser Surrealismus entwickelt. Dieser war zu keiner Zeit von einem wirklich einheitlichen Stil getragen, lediglich kann eine größere Spontaneität in den Anfangsjahren (Automatismus und Absoluter Surrealismus) konstatiert werden, die zum Ende der 1920er Jahre mit Salvador Dalí, René Magritte und auch Yves Tanguy in malerische Genauigkeit und die Akribie eines Veristischen Surrealismus mündete.
Die Breton-Gruppe des Surrealismus umfasste wechselnde Mitglieder, darunter Max Ernst, Jean Arp, Antonin Artaud und André Masson. Auch Francis Picabia, Man Ray und Marcel Duchamp vom New Yorker Dadaismus rechneten zu den Surrealisten. An der ersten surrealistischen Ausstellung 1925 beteiligten sich Jean Arp, Giorgio de Chirico, Paul Klee, Max Ernst, André Masson, Joan Miró und Pablo Picasso.
Der Surrealismus in Paris, den André Breton mit scharfem Auge bewachte, geriet aufgrund der Dominanz des Gründungsvaters, insbesondere aber aufgrund seiner genuin politischen und weltanschaulichen Ausrichtung immer wieder in schwere Krisen. Uneinigkeiten besonders über Grad und Richtung des politischen Faktors innerhalb des Surrealismus hatten zahlreiche Ausschlüsse zur Folge: Beispielsweise wurden 1927 Antonin Artaud und Philippe Soupault aus der Gruppe verabschiedet, 1928 bzw. 1929 entfernten sich Robert Desnos und Michel Leiris. 1929/1930 versuchte Georges Bataille, selbst eine Surrealisten-Gruppe zu etablieren. Zwei Jahre darauf verließ Louis Aragon die Breton-Gruppe, 1938 folgte der Bruch mit Paul Éluard, und auch Max Ernst verließ bald die Pariser Surrealisten. Es stießen freilich auch immer wieder neue Künstler hinzu, etwa Victor Brauner oder Roberto Matta.
Wichtige Ausstellungen in Paris (1936, 1938) strukturierten die 1930er Jahre, die den Höhepunkt des sich nach außen wendenden Surrealismus darstellten. Der Zweite Weltkrieg beendete diese Entwicklung: Viele Surrealisten der Breton-Gruppe flohen ins Exil und trugen so auch zur weltweiten Verbreitung des Stils bei. Nach dem Krieg versuchte André Breton bis zu seinem Tode im Jahr 1966, den Surrealismus Pariser Schule wieder aufleben zu lassen.