Lexikon
Nordalpiner Manierismus

Der um 1520 in Italien aufkommende Stil des Manierismus wurde auch von den Künstlern nördlich der Alpen rasch aufgegriffen und umgesetzt. Obwohl dort bis weit ins 17. Jahrhundert hinein im manieristischen Stil gearbeitet wurde, sind dessen Ausprägungen in den nordalpinen Regionen etwas schwächer als in Italien ausgebildet. Dies war auch eine Folge der Reformation, die in den nördlichen Ländern Europas die grundsätzliche Frage nach einer Daseinsberechtigung von Bildern aufwarf.
Am Prager Hof versammelte Kaiser Rudolf II. eine Gruppe führender Künstler des nordalpinen Manierismus: Hier wirkten der Bildhauer Adriaen de Vries, der zuvor in Giambolognas Werkstatt gearbeitet hatte und die Maler Hans von Aachen, Bartholomäus Spranger, Joseph Heintz der Ältere und Giuseppe Arcimboldo. Berühmt sind vor allem die außergewöhnlichen Porträts Arcimboldos (um 1527-93), die er aus Blumen, Gemüse und Früchten arrangierte. Bartholomäus Sprangers (1546-1611) Werke wirkten stilbildend für die gesamte Epoche und inspirierten unter anderem Hendrick Goltzius zu unzähligen Nachstichen. Zudem war Spranger ein Vorbild für den wichtigsten niederländischen Vertreter des Manierismus, Cornelis Cornelisz. van Haarlem (1562-1638). In England fertigte Nicholas Hilliard (1547-1619) grazile Miniaturen und stattete seine Figuren mit den charakteristischen überlängten Gliedmaßen aus.
Der Manierismus blieb vor allem an den Höfen der bevorzugte Stil, bis dieser ab etwa 1620 allmählich vom Barock abgelöst wurde.